7uhr15.ac

Das Aachen-Blog

Archiv (Seite 5 von 77)

Strand, nahe bei Aachen!

Genau, Strand, nahe bei Aachen: Domburg, Vrouwenpolder, Zoutelande – Walcheren!

Diese Gedanken schießen mir in den Kopf, wenn ich die Fotos im Smartphone durchblättere und an einem Bild hängen bleibe. Heute an diesem. Strand, nahe bei Aachen.

Bald wieder da!

„Wir sind am Absteijen, und du bis‘ in eine Tour Würs’jen am Fressen!“

(Diese Tivoli-Geschichte, die vom Leid der Alemannia-Fans in den zurückliegenden Jahren erzählt, gehört zu den am besten geklickten 7uhr15-Storys. Ich habe sie schon oft verschickt und vorgetragen. Deshalb steht sie hier vorne, auch wenn sie aus dem Oktober 2011 ist.)

Es ist wahrlich nicht zum Lachen mit dem örtlichen Fußballverein, aber so ist das Leben. Du gewinnst mit dem Club, du verlierst mit ihm. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Und an Abstieg wollen wir aus unterschiedlichen Gründen gar nicht denken!

Nun wollen wir an dieser Stelle nicht in die Analyse des Grottenkicks gegen den FSV Frankfurt einsteigen, das sollen Leute tun, die mehr davon zu verstehen glauben.

DSC_0001

Nein, es gilt eine kleine Episode am Rande zu erzählen, eigentlich eine Art Fortsetzungsroman, weil ja schon in der Vorsaison das eine oder andere Schlaglicht auf den Opa und seinen Enkel, die eine Reihe vor uns auf dem Tivoli sitzen, gefallen ist.

Also von dem Opa, der mit seinen beiden gleichaltrigen Kumpels und seinem Marvin da hockt und philosophiert und schimpft und bökt und dem es anfangs noch egal war, dass sein kleiner Enkelknubbel auch während des Spiels ständig unterwegs war, um sich in einer bewundernswerten Ausdauer Lebensmittel in flüssiger, fester, frittierter und bepuderzuckerter Form zu besorgen. Und wenn Opas Kumpel fragte, wo denn der Marvin wäre, kam die großartige Antwort: „Deäissichenewursamholen!“ Wir erinnern uns.

Die Stimmung begann zu kippen – auch das wurde an dieser Stelle dokumentiert -, als nach ein paar erfolglosen Partien in der letzten Saison ausgerechnet nach dem Siegtor von Erzgebirge Aue auf dem Tivoli Marvin um die Karte bat, um sich die zweite Wurst zu organisieren. Da schnauzte ihn der Alte barsch an: „Wat? Schonwidderenewurs‘! Ichjlaubdatsdunurhierkommsfürzefressen!“

Am Freitag dann die Fortsetzung. Marvin war wie immer gut in Form, stapfte mehrfach die Stufen von und zu Reihe 20 rauf und runter, immer neu bepackt und mit dicken Backen, als sein Opa – völlig fertig nach dem gerade gefallenen 1:3 – dem quasi zeitgleich vom Versorgungsposten Heimkehrenden entgegen brüllte: „Wir sind hier am Absteijen – und du bis in eine Tour Würs’jen am Fressen!“

Auch für Marvin hoffen wir an dieser Stelle, dass unsere Alemannia nicht absteigt!

Die (sicherlich wahre) Geschichte vom kleinen Antonius von Rothe Erde

Dieses Bild fiel mir dieser Tage noch mal auf dem Handy in die Hände. Das kleine Rathaus und das große Rathaus. Groß und klein, „dr Vadder än singe Klenge“, schoss es mir durch den Sinn, und sofort erinnerte ich mich an eine Geschichte, die mein Opa immer erzählte und von der ich immer noch glauben möchte, dass sie sich so zugetragen hat.

Foto

Sie spielt in Rothe Erde in lange zurückliegenden Tagen, und zwar in der dortigen Pfarrkirche St. Barbara. Und sie berichtet von einem Mann, einem Original, den mein Opa immer Klöss nannte, und der wohl seinen Job im Hüttenwerk verloren hatte. Als Klöss den Pastor beim Bierchen traf und dem frommen Mann von seinem Schicksal erzählte, gab der ihm den Rat, in der Kirche den Heiligen Antonius anzubeten. Christjläubije Leser wissen: Antonius hilft, Verlorenes wiederzufinden.

Klöss hielt nicht viel von derlei Ratschlägen, hatte aber Zeit, ging also in die Kirche, stellte sich vor die Antoniusfigur unter der Orgel, richtete sich auf, holte sein Sonntagsdeutsch heraus und sagte: „Juten Morjen, hellije Antonius, kannste mich neu Werk besorjen?!“ Er tat das ein wenig schroff, überlegte kurz und schob ein höfliches „Jefälligs“ hinterher, was dem hochdeutschen „Bitte“ je nach Betonung nahe kommt.

Der Küster, der diesen Auftritt unbemerkt mitbekommen hatte, war auch eine Woche später wieder da, als Klöss – etwas energischer – zurückkehrte. „Hür, Antonius! Wie is dat mit meine neue Stelle?“ Es sprach eine gewisse Ungeduld aus seinen Worten.

Mein Opa ließ dann den Küster einen dritten Besuch von Klöss belauschen, und diesmal soll es dann rustikal zur Sache gegangen sein, diesmal auch eher noch hochdeutscher: „Pass op, Tüen, wenn Du mich bis nächste Woche Mi’woch kein Werk jesucht has‘, hau‘ ich Dich von deä Sockel!“

Als der Küster dem Pastor die Geschichte erzählt hatte, kam der auf eine glorreiche Idee. In Sorge um die große und wertvolle Statue fiel ihm ein, dass in der Sakristei noch eine kleine Antonius-Figur stand. Die stellte der Küster nun an besagtem Mittwochmorgen auf, versteckte sich und wartete auf Klöss.

Der tatsächlich wutschnaubend anrollte, sich vor dem kleinen Antonius aufbaute und sagte: „Wo is‘ deine Vater?“ Worauf der Küster aus dem Versteck rief: „Dich Arbeit suchen!“ Klöss soll das beruhigt haben. Zumindest für eine Woche…

Papa, ich will nicht Gladbach sein!

(Schöne Erinnerung an einen Frühlingstag im Jahre 2009. Die Kinder noch klein – und eine intakte Alemannia!)

Okay, den Aufstieg hat die Alemannia vertagt. Dann eben nächstes Jahr. Dann gibt es das neue Stadion, passen auch mehr Leute rein, und draußen auf dem Vorplatz (zweieinhalb mal so groß wie der Aachener Markt) lässt sich prächtig feiern (Autokorso Krefelder Straße rauf, Krefelder Straße runter).

Die betrübte Seele erfuhr dann am Wochenende doch noch Aufheiterung, als mein Sohn (5) mit einem Mal auf die Terrasse trat und herzerweichend weinte. Ich stand im Gebüsch und gärtnerte meditativ, was nun schlagartig vorbei war. Ich fragte ihn besorgt, warum die Tränen denn nun flössen! Er erklärte mir, dass er mit seiner Schwester (10) im Wohnzimmer Fußball spielen wollte, dem häuslichen Brauch folgend zuvor aber die Mannschaften ausgelost werden mussten. „Und ich“, schluchzte der kleine Brasilianer, „und Papa, ich“, prust, schnupf, heul, „und ich will nicht Gladbach sein!“

„Das brauchst Du auch nicht, mein Schatz!“

„Das brauchst Du auch nicht, mein Schatz!“ Klare Worte des Vaters regelten, dass künftig Borussia Mönchengladbach aus dem heimischen Lostopf fliegt. Keins meiner Kinder muss jemals Gladbach sein!

Eine wunderbare Reaktion, finde ich. Ein Zeichen dafür, dass die Erziehung Früchte trägt. Dass die Kinder erkennen, was für sie gut, und was für sie schädlich ist.

(Erstmalig erschienen am 11. Mai 2009)

De Omma lernt dr Jung wat

Eben in der Bäckerei hat nicht nur der kleine Enkel was fürs Leben gelernt, sondern wir Umstehenden auch.

Es ging quasi um die Sinne und – wie in der Heimatstadt eigentlich immer – auch ums gepflegte Hochdeutsch.

Wir notieren. Es spricht die Omma zum Kind:

„Mit de Augen tust du kucken, mit de Hände fässt du dat Brötchen an, mit der Mund tust du dann schmecken, und mit de Ohren hörste, wat de Omma dich sagt. “

In dem Sinne, wa!

Rammenasse – notfalls einfach mit Bier „erunterwürjen“

Die markantesten Spielorte echten Öcher Lebens sind seltener die Tempel und Paläste, nein, auf der Straße ist der Kaiserstädter, wie er eben ist.

Wir sind auf dem Wochenmarkt in Burtscheid, kaufen unsere Steinpilze und ein paar Blättchen Feldsalat, da tut sich rechts Bewegendes. Ein Herr älteren Alters – schnell wird sich herausstellen, dass er ein Eingeborener ist – fragt die Marktfrau, die ebenfalls mit Pauwasser getauft ist, „ob die Dinger wat taugen“?
„Wat för Denger“, fragt sie zurück, und er deutet auf das taufrische Rettichgemüse, das in allen Farben und Schattierungen aus der Kiste lacht. „Die Rammenasse“, sagt er. Und sie erwidert: „Dat kannst wahl jlöive!“

ramenasse

Fortan wird gefachsimpelt über die Kraft der Wurzel, sie hat sich zuletzt „e Rammenässjen jejönnt“, als der Husten ein lästiger Begleiter war, „dat hat jeholfen“. Und die Kollegin wirft ein, dass „dr Rettisch an sisch ja eijentlich Medizin is'“ – Originalwort: „Da kannste dich dr Penizillin spare!“ Von hinten beteiligt sich ungefragt eine bislang unbeteiligte Käuferin: „Deä is auch jut für de Verdauung.“ Und dem Mann entfleucht ein trockenes „Futzwurzel“!

Da kannste dich dr Penizillin spare!

Man spricht noch dieses und jenes über die Pflanze, die hier im Scheinwerferlicht der Burtscheider Freitagsmorgenssonne liegt – schleimlösend, harntreibend, blutreinijend – und erfährt, dass schon „de alten Äjüpter damit de Püramiden jebaut haben“ – (hä?). Es geht so weiter, bis der Herr schließlich drei ordentliche rote Prügel einkauft und mit besten Empfehlungen davonschlurft.

Was er nicht mitbekommt, ist das Gespräch danach am Stand. „Än wat maaht heä nu met de Rammenasse?“, fragt die eine Verkäuferin, die eben noch „feine Streifen mit wat Salz und ene Brezzel“ empfohlen hatte, die andere. Und die verzieht das Gesicht und sagt: „Ene Salat! Aber dat hatt‘ ich sofor‘ jedach‘, wie ich dem sah.“ Zur Bestätigung für so wenig Einfallsreichtum rundet die Kollegin das am Marktstand gepflegte Bild vom Manne ab: „So sind se, de Herren, die würjen alles mit Bier erunter!“

Vür liere Öcher Platt – Schimpfwörter! Die Grundausstattung.

(„Vür liere Öcher Platt!“ Die legendäre Serie mit Karl Allgaier hat eine eigene Kategorie „Öcher-Platt-Schule“ – zum Schnellerfinden. Hier die bestgeklickte Folge) 

Wenn mein Opa sauer auf mich war, dann war ich flott „ene Klüttekloes“, was vornehme Aachener als Kohlen-Klaus übersetzen mögen, womit aber eindeutig ein Tölpel oder Tuppimann gemeint war.

Und meine Mutter nannte mich nicht nur einmal „ene Hoddelekriemer“. Was wohl mit meiner leidlich ausgeprägten Leidenschaft für das Aufräumen, die mich bis zum heutigen Tag begleitet, zu tun hatte.

drkarl

Kluet (Tölpel), Eäsel (eben der), au Schatull (alte Hexe), kollije Natur (Klappergestellt), Schöppebuur (gewöhnlicher Mann vom Land, geht auch Stadt), Breijmul (Großmaul), Brejchmeddel (Brechmittel), Knoterpott (grantiger Zeitgenosse), Krentekööl (Korinthenkacker), voolversoufe Kouh (Freund des Alkohols)… – es gibt so wunderbare Schimpfwörter im Öcher Platt.

Grund genug für dr Karl, unseren Platt-Lehrer Karl Allgaier, hier im Heimat-Blog den wunderschönen Öcher-Platt-Kurs fortzusetzen. (Erstmalig im April 2011 veröffentlicht.)

___________________________

*** Bisher in dieser Serie erschienene Podcasts:

Öcher Platt Schnupperkurs (3): Verben konjugieren

Öcher Platt Schnupperkurs (2): die Familie

Öcher Platt Schnupperkurs (1): die Zahlen

***Info: Dr. Karl Allgaier, dr Karl also, Sprachwissenschaftler durch und durch, ist im Brotberuf als Direktor der Bischöflichen Akademie schon ein gefragter Mann, ist so ganz nebenbei leidenschaftlicher, quasi examinierter und mit allen Tücken der Kunst beschlagener Öcher Platt-Experte. Und Mitherausgeber des Neuen Aachener Sprachschatzes.
Wir versuchen das einfach mal, vür liere Öcher Platt. Und wir haben vor drei Wochen den Startschuss gegeben.

Und mit einem Mal ist sie da: die Frau des Trainers

Nur kurz und am Rande: Fußballplatz, Samstagmorgen, Kinderfußball, in gewisser Weise wiederholen sich die Erlebnisse mit den Eltern und den Trainern, die sich so liebevoll um die F-Jugendkicker dieser Region kümmern, doch diese Geschichte muss erzählt werden.

Lassen wir den Namen des gastgebenden Vereins mal außen vor, sagen wir im weitesten Sinne FC Städteregion: Wir fokussieren uns heute mal voll und ganz auf den Trainer, der eine mächtige Erscheinung mittleren Alters ist, ein Fünftagebartgesicht, ein Stuppikastenalleinetrinkerbauch, darüber spannt ein ärmelloses Shirt, doch dafür ist er vom Fach. Vom Rand feuert er die Acht- und Neunjährigen an, fordert sie auf, „gegen den Ball zu arbeiten“, „die Scheiß-8 zu doppeln“ oder aber „schneller zu verschieben“… Seinen Jungs ist das egal.

kicker

Und so stehen sie dann auch in der Pause um den Vulkan von Trainer herum, schauen ihm dabei zu, wie er wild gestikulierend die Innenverteidigung umbaut und dem Torwart erklärt, dass er endlich mal wachwerden soll!

Womit keiner rechnen konnte – auch der Trainer nicht – ist der Auftritt seiner Frau, die so aussieht, wie man sie sich vorgestellt hat, so auftritt, wie man es vermutet hätte: laut, präzise, klar. Ratzfatz bahnt sie sich einen Weg durch die Spielerchentraube, baut sich vor dem Koloss auf und faucht ihn an. Aber in Worten, die niederzuschreiben sich eher keiner traut. Leider ist nicht alles zu verstehen, es geht auf alle Fälle nicht um die Jungs, nicht um den Fußball, es ist sehr privat.

Er schiebt sie beiseite, sie baut sich wieder vor ihm auf und was sie dann sagt, können alle auf dem Platz verstehen, weil es so scharf geschossen ist, wie er sich den nächsten Elfer seiner F-Jugend wünscht: „Und dat eine sag‘ ich Dich“, hebt sie an, und mit Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand deutet sie zunächst auf die eigenen, dann auf seine Auge, „dat sag ich Dich: Kuck mich an, wenn ich mit Dich sprech!“

Sie entschwindet, die Jungs sind schockgefroren, der Trainer entthront, entmachtet, ermattet, erschlagen.

Ratet mal, wer dieses Spiel haushoch gewonnen hat?!