Das sind die Komplimente, über die sich der Platzwart freut: „Oes, Jong, dat sind wohl schnackjetrockene Linijen.“

Unserem Meister des blitzsauber geführten Kalkwagens damals in Rothe Erde konnte man mit solchen Worten eine Freude machen. Der große, aufrechte, manchmal grimmige, aber eigentlich zuvorkommende Mann, der so hieß wie damals ein Drittel aller Öcher hieß, nicht Josef oder Peter, sondern Heinz. Dieser Hein lächelte bei lobenden Worten über die Präzision seiner Linien immer: „Jut, jelernt is jelernt.“

Jut, jelernt is jelernt!“

Platzwart Hein

Wie Linien aussahen, die von Ungelernten gezogen waren, haben wir im Laufe eines Fußballerlebens oft genug gesehen  und bisweilen bestaunt: Ich meine mich an einen knochentrockenen Ascheplatz in Mariadorf erinnern zu können, der wellig gestrichelt am Ende dreieckig zulief. Naja.

Zurück nach Rothe Erde und zum Meister: Ich hätte damals als Libero der C-Jugend der Rhenania alles darum gegeben, hätte der Hein einmal beim Markieren auf meiner Höhe gestoppt. Sagen wir, auf Höhe des Kopfballpendels, wo wir gerade im knöcheltiefen Sand standen, um einen viel zu hoch an einem Seil baumelnden Lederball wegzuköpfen. Hätte er doch gestoppt und gesagt: „Hör, willst Du emal e paar Linien machen?“ Er hat das nie getan.

Dass Kindheitsträume auch noch in viel späteren Jahren in Erfüllung gehen können, davon darf ich hier berichten. Als wir in diesen Tagen mit unseren Jungs in Walheim – übrigens auch eine C-Jugend – ein Turnier ausrichteten, fiel schnell auf, „dass der Rasen noch markiert werden muss“.

Kriegt man solche Vorlagen zweimal im Leben? Ich habe diesmal nicht darauf gewartet, dass mich einer gefragt hätte, ich bin einen Schritt nach vorne getreten und habe mit fester Stimme gesagt: „Dat mach ich!“ Gut, die Konkurrenz war nicht groß, vielmehr hatte ich das Gefühl, dass die Anderen froh waren, einen Jeck gefunden zu haben. Aber das war mir von so viel Glück Beseeltem egal.

Was für ein wunderbares Gefühl, mit einem Kreidewagen an einem sonnigen Freitagabend über den Rasenplatz fahren zu dürfen!  Was sag ich, Kreide?! Mit einem rollenden Kasten, der mit Flüssigkalk gefüllt war – und den unser Handwerker-Genius Herbert selbst gebaut hat – konnte ich Meter um Meter die noch leicht durchschimmernden Markierungen auffrischen.

Ich flog mit dem glucksenden, die Farbe sprutzenden Gefährt über das Grün. Arbeit, die sich lohnt, ein sichtbares Ergebnis. Bestaunenswert! Ein schöner präziser Mittelkreis, der „Secksehner“, die Torlinien. War das schön, das Schulterklopfen der Anderen, und dann das anerkennende, fast philosophische  Wort aus berufenem Mund: „Oes, Jong, dat sind Linien, so schnack wie et Leben.“

Ein stolzer Blick zurück. Stimmt.