Schon als sie  den Laden entert, ist allen klar: Achtung, jetzt kommt Schwung in die Bude!

Ja, das ist im Supermarkt ungewöhnlich, wenn ein gestandenes älteres Mädchen, das nicht weit von Wurm und Pau geboren sein kann, mit dem Eintritt ins Einkaufsparadies ein fröhliches „Juten Morjen zesammen“ anstimmt. Öcher Höflichkeit, offensiv mit einem schelmischen Lächeln garniert.

Wie damit umgehen? Ein Mittvierziger mit Kiwi-Kirsch-Smoothie im Einkaufskorb schaut verlegen in die Tiefkühltheke und riskiert Erfrierungen zweiten Grades, zwei Studentinnen tuscheln und glucksen Richtung junges Gemüse.

Mehr ist es nicht, nur ein kurzer schöner Moment, der nicht lange nachwirkt, der sich vielmehr im Einkaufstrott schnell wieder verflüchtigt. Und so geht es im Galopp durch den Markt, für mich heute Milchreis, Banane, lecker, flott noch rüber zum Brot.

Dieses Plexiboxenwunderwerk mit ungezählten Schubladen und Klappen hat die Faszination der ersten Einkäufe auch längst verloren,  und doch ist es immer noch eine Herausforderung. Hier gilt es, mit einer Blechzange, die – Achtung, neue, überarbeitete Version! – mit einer flexiblen Schnur sich nicht mehr verheddert,  das gewünschte Backwerk zu greifen. Das fordert gestandene Käuferinnen und Käufer gleichermaßen, weckt auch einen gewissen Ehrgeiz, diesmal unfallfrei das Käsebrötchen in die Tüte zu bugsieren.

Mal klemmt die Zange, mal flutscht das Röggelchen weg, mal bleiben Greifwerkzeug und Brötchen im Klappgitter, eine Art Rausfallschutz an der Schubladenfront, hängen. Und manchmal lässt sich dann mit der anderen Hand diese blöde Tüte nicht aufklappen. Also, volle Konzentration.

Es läuft gut an diesem Tag. Das mit Frischkäse gefüllte Blätterteighörnchen ist auf Tütenhöhe, da kommt wie aus dem Nichts der scharfe Hinweis von rechts unten: „Können Se vielleich‘ mal de Klappe halten!?“

De Omma! Unverkennbar. Sie kämpft ebenfalls mit Zange und Tüte bewaffnet tapfer, aber auch rosetig um die Befreiung eines Sesambrötchens aus dessen Kerker. Das Problem besteht darin, dass die Öcher Kundin „keine dritte Hand freihat“, wie sie sagt, um die Plexiglasklappe vor der Schublade „auch noch hochzehalten“.

Die Klappe hält sie deshalb, weil das von der Größe her hinkommt, mit der Stirn fest, jetzt wird es aber ein wenig eng im Aktionsraum zwischen Nase und Schublade für Zange, Brötchen und Tüte. „Dat es för ze frecke! Wat ene Stronx!“ Kurze Stille. Und mit einem Mal  fängt sie laut zu lachen an. Das ist wie eine Befreiung. Alle Umstehenden lachen mit. Schon skurril, so eine moderne Brotbox. Und so wohltuend, wenn im Supermarkt mal alle zusammen Spaß haben. Zusammen haben wir das übrigens dann geregelt mit dem Sesambrötchen.

Ich habe noch nie so gerne die Klappe gehalten.