Ich weiß nicht, ob ich das schon erzählt habe, aber ich liebe ja Dichterworte. Des alten Heines Rotzereien über Aachen – Beispiel nur: wunderbar.

Nun wurde mir ein Goethe zugespielt, ein mir wohl bekannter Lehrer tat’s, ein freundlicher Herr, der sein Herz der Literatur verschrieben hat. Auf alle Fälle schickte er mir, was der alte Joethe einst über den Dialekt geschrieben hat. Und was soll ich sagen: Auch da hatte der Meister Recht.

„Jede Provinz liebt ihren Dialekt: Denn er ist doch eigentlich das Element, in welchem die Seele ihren Atem schöpft.“

(Für alle, die ohne Quelle an der Wahrheit der Dichtung zweifeln: Goethe, Dichtung und Wahrheit, 6. Buch)

Nichts anderes sage ich auch immer.

Und als hätte es noch eines Beweises bedurft, passierte mir gestern Mittag das: Kaum dass ich an der Ampel stoppe, froh und glücklich, nach der Schlidderpartie über die kläglich geräumten Straßen hier nun endlich für eine kurze Weile Halt zu finden, kreuzt ein Fußgänger bei Grün. Und legt sich direkt vor meinem Auto aber sowas von auf den Hosenboden.

Ich raus, will helfen, da brüllt der Kerl mich an: „Leggesamoka, wat e Weär!“ Ich zurück: „Kann ich jet doför?“ Er: „Han ich dat jesaaht?“
Ich habe ihm aufgeholfen, er hat merssi gesagt, wir gaben uns zum Abschied die Hand.

Ja, dann weiß ich doch, wo ich bin!

Da bin ich in meinem Element, da schöpft meine Seele wieder für einen Tag Atem! Öcher Atem.

***Damit es keine Beschwerden gibt: Heines Worte über Aachen seien nicht verschwiegen: Sie gehören in sein Wintermärchen, Caput III. Und mal abgesehen davon, dass die Jahreszeit stimmt – der Rest ist längst verjährt:

Zu Aachen, im alten Dome, liegt
Carolus Magnus begraben.
(Man muß ihn nicht verwechseln mit Karl
Mayer, der lebt in Schwaben.)

Ich möchte nicht tot und begraben sein
Als Kaiser zu Aachen im Dome;
Weit lieber lebt ich als kleinster Poet
Zu Stukkert am Neckarstrome.

Zu Aachen langweilen sich auf der Straß
Die Hunde, sie flehn untertänig:
Gib uns einen Fußtritt, o Fremdling, das wird
Vielleicht uns zerstreuen ein wenig.

(Heinrich Heine, Deutschland, ein Wintermärchen, Caput III)