Das Aachen-Blog

Schlagwort: stadion (Seite 1 von 1)

Tschö Tivoli

Okay, das machen wir dann demnächst also nicht mehr. Block K, Würselener Wall, ein Haufen Freunde, keiner geht hier alleine hin und von hier aus alleine weg. You never walk alleng, wenn Du ein Alemanne bist. Tschö, aue Tivoli.
Heute Nachmittag die blanke Emotion. Gefühle, viel zu tief, um sie umständlich zu beschreiben. Stattdessen ein paar wenige Bilder, mit dem Handy gemacht. Sorry, eigentlich dürfte der geneigte Leser da Besseres erwarten, aber ich verspreche, bei der nächsten Tivoli-Beerdigung die Kamera mitzunehmen.

adie1adie3adie4adie7adie6adie2

Ich fand’s schön, emotionale Schaumbäder gab es ja reichlich, wunderbar die Amigos am Ende mit dem neugetexteten Kuschel-Klassiker, der schon im Original besagte, dass Tränen nicht lügen.
Ansonsten hätte man sich vielleicht noch ein paar Dialoge gewünscht, waren ja genug gestandene Recken aus glorreichen Tagen zugegen. Da wäre sicherlich noch die eine oder andere schöne Erinnerung geweckt worden.
Ejal, adie Tivoli!
Und wer die richtig guten Bilder zum Abschied sehen möchte, der sollte bei AZ und AN mal vorbeischauen, klasse Fotos!

Adie Tivoli!

Wie gesagt, der Tivoli-Abschied…
Hier meine Titelgeschichte des AZ/AN-Wochenend-Magazins vom 23. Mai 09. Eine kleine Szene voller Gefühl und Wehmut… Das Magazin ist ein Muss für jeden Alemannia-Fan.

Danke, danke!
Drei Fans nehmen Abschied vom alten Tivoli

(Tivoli, der alte. Morgen, Sonntag, 24. Mai, drei Stunden nach Spielschluss. Stadion leer, drei Männer sitzen noch auf den Treppen des Würselener Walls. Von links nach rechts: Willi (63), Eberhard, genannt „der Lange“ (52), und Herbert (54). Der Lange weint leise vor sich hin.)

Willi: Komm, Lange, wir jehen. Hier wird jleich abjeschlossen.

Der Lange (kaum hörbar): Sdochejal.

Herbert: Wat sachte?

Willi: Dat wär ejal.

Der Lange: Wat ich nicht verstehen kann: Dat is doch noch jut hier, dat war immer jut. Dat tut et doch noch.

alemannia

(Stille. Ein Stück Samstagszeitung, vom Winde verweht, landet vor den dreien. Der Lange guckt hin, heult laut auf. Die anderen schauen auf das Blatt: „Spiele, die man nie vergisst.“)

Willi (legt den Arm um den Langen): Weißte noch, Aue, April 65, Halbfinalsiesch im Pokal jejen Schalke? Wahnsinn, Christian Breuer, 100. Minute . . .

Der Lange (ringt um Fassung): Mit der Papapaaaa . . .

Herbert: Wat sachte?

Willi: Da war der Lange mit seinem Papa. War et erste Alemannia-Spiel, dat der Lange hier jesehen hat.

Herbert: Ach so.

(Stille.)

Herbert (bemüht, die Stimmung aufzulockern): Jroße Momente, jroße Jefühle. Wisst ihr noch (zeigt nach halbrechts): Blank, Blank, Blank schießt – und der Kahn kuckt wie ’n Auto?

Der Lange (fleht): Bittehörtaufbitte!

Willi: Oder Pokalfinale 2004, 20 000 Öcher in Berlin, der Tivoli auf Klassenfahrt. Und Lange, weißte noch in der U-Bahn? Als wir ausstiegen, sang der janze Zuch: Vür sönd allemoele Öcher Jonge! Auch de Bremer.

(Der Lange lächelt kurz. Blickt dann wieder auf die Zeitung, flennt wieder los. Lange Stille.)

Herbert: Nächstes Jahr steigen wir auf!

Der Lange: Hüer op!

Willi: Kann doch sein.

Der Lange: De juten Zeiten sind (kleine Pause, ringt um Fassung) vorbeijeijei. . .

Herbert: Komm, Lange, wir jehen noch e Bierchen trinken.

Der Lange: Ich trink nie mehr Bier.

Willi (hinter dem Rücken vom Langen zu Herbert): Dat scheint wat Ernsteres zu sein.

Herbert (leise zurück): Et is aber auch jrausam.

(Pause, hinter dem Lousberg verschwindet langsam die Sonne.)

Der Lange (seufzt, dann laut): Nee, wat haben wir hier jelacht!

Willi: Und uns jefreut!

Der Lange: Jejen Rot-Weiß Essen, ’79, vier Tore Clute-Simon, 7:3, (presst es heraus) wisstihrdatnoch?

Herbert: Super Typen, wir hatten die Besten.

Willi: Martinelli, Montanes, der Lämmi, der Bübbes Kehr, . . .

Herbert: „Yogi“ Ferdinand, Werner Fuchs, der Willi . . .

Der Lange (stößt es heraus): . . .und der Erik!

Herbert: Und was haben wir jeweint! Der Abstieg ’90, dritte Klasse, Amateurliga!

(Der Lange fasst sich an die Brust.)

Willi und Herbert (hektisch, bemüht): Ruhig, Aue, ruhig! Wir sind ja auch wieder aufjestiejen!

Willi (zeigt Herbert hinter dem Rücken vom Langen einen Vogel): So wat musste nich’ machen! (Schaut ins leere Rund) Sind eijentlich noch Sanitäter da? Oder der Doc Heinze? (Herbert lacht) Nit, dat der Lange uns hier noch ene Herzpaaf krischt! (Hält dem Langen einen Rest abgestandenes Bier hin) Willste ’nen Schluck?

Der Lange (schiebt den Becher weg): Ich trink nix mehr! Nie mehr!

(Stille, über den Platz weht ein leichter Wind, der Duft von frischem Tivoli-Rasen zieht über den Wall.)

Der Lange: Wat ich nicht verstehen kann: Dat is doch noch jut hier, dat war immer jut. Dat tut et doch noch. (Pause) Oder?

(Herbert und Willi gucken sich um, dann an. Stille.)

Willi: Komm, Lange, wir jehen! (Keine Reaktion.) Komm! Et hat doch keinen Zweck. Et is vorbei.

(Herbert und Willi erheben sich, gehen langsam die Treppen hoch. Der Lange guckt noch mal auf das Zeitungsblatt, da: Geisterspiel 2004 gegen Nürnberg, er lächelt melancholisch – das einzige Spiel, das er in den letzten 44 Jahren verpasst hat. War sonst immer da, sogar bei der Kinderkommunion von „der Kleine“ hat er sich nachmittags über den Gartenzaun davongemacht, gab ’ne Masse Ärger, hat sich aber gelohnt. Der Lange steht auf.)

Herbert (von oben): Komm kucken, Lange. Komm, Jung!

Der Lange (erhebt sich, schleicht die Treppen hoch, steht dann neben seinen Freunden, die in Richtung Würselen blicken, still, hoch erbobenen Hauptes. Im Licht der untergehenden Sonne liegt – kolossal – das neue Stadion): Saukäs!

Willi: Wa, Lange, wenn dat nix is!?

(Stille, der Frühlingswind weht, der Lange schlägt seinen Schal um den Hals.)

Herbert: Wat sachste?

(Der Lange nickt, dreht sich noch einmal um, blickt zurück in das leere Stadion. Dann gehen sie.)