Ich hatte es fast aus den Augen verloren, mein Fitnessstudio. War irgendwie weg aus meinen Gedanken. Komisch. Ach, man ist ja so viel auf Trab, dass man überhaupt nicht in die Gänge kommt. Zumindest nicht in die Gänge, an deren Ende Barbara die Pforten zu ihrer Folterkammer öffnet. Sie erinnern sich, Barbara, meine Turnlehrerin in der Muckibude.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich war dann noch mal da, Barbara nicht. Ich hatte mich ja clevererweis‘ auch nicht angemeldet. So konnte ich ungestört ein ganz persönliches, quasi individuelles Trainingsprogramm abspulen, von dem ich so auf der Stelle trabend dachte, dass es doch schon – au Banan und Saukäs – beachtlich war.
Zumindest so lange, bis der hektisch Sportive mit dem blauen Kapuzenshirt, der das Laufband rechts neben mir traktierte, als wollte er an diesem Abend auf diese beschwerliche Weise noch nach Köln laufen, einen gar nicht scheuen Blick auf mein Laufbandcockpit warf. Was er dort las (also Tempo und Steigung meiner imaginären Strecke) zauberte ihm ein unverschämtes Lächeln ins Gesicht.
Ich hab’s ignoriert, er war stärker als ich, das wusste ich nicht nur, weil auf seinem Shirt der großartige Titel „Höllenhund“ prangte. Nein, ich hatte ihn vorher schon beim Rudern beobachtet. Also auch imaginär jetzt (Aachen hat ja keinen Fluss), aber auch dabei musste er ein Ziel irgendwo bei Rotterdam vor Augen gehabt haben.
Muckibude ohne Barbara ist zwar ein bisschen doof, aber man kommt zumindest mal in Ruhe zum Durchdiegegendkucken. Ideal ist für dieses Vorhaben der Sitz des Fahrrads, das ja vermutlich Ergometer heißt und auch über eine Steuereinheit verfügt, für die man noch vor Jahren eine Düsenjetpilotenausbildung hätte machen müssen.
Ich habe ganz locker 100 Watt getreten, immer über 70 Umdrehungen pro Minute bei Puls um die 140. Wer hat da gelacht? Sofort ausloggen!
Wo die Sprechmuskulatur trainiert wird
Auf alle Fälle lasse ich bei dieser stumpfsinnigen Betätigung, der ich mich so um die 20 Minuten treuherzig und kurzatmig hingebe, gerne den Blick schweifen. Und landete diesmal unweigerlich bei einer Gruppe junger Frauen, die ihre Stepper auf eher zurückhaltende und doch grazile Art bewegten und wohl in erster Linie ihre Sprechmuskulatur trainierten. Was ich – quasi am Rande ihres Redeschwalls radelnd – messerscharf folgerte. Dass Jonas ein Arschloch ist, weiß ich jetzt, nur warum, das konnte ich leider nicht verstehen, was schade war. Aber ein Stepper quietschte bei jedem zweiten Schritt jämmerlich.
Was nach einer Weile auch eine junge Dame störte, die dann Olli, der ohnehin schon ständig rüberguckt hatte, herbeiwinkte. Olli, ein fröhlicher junger Turnlehrer, schmiedete die Aufgabe, die er nun unter den Augen von so netten Mädchen zu lösen hatte („Warum quietscht dat Ding?“), ein Dauergrinsen ins Gesicht. Olli, der ebenso schnell spricht, wie er nun – vermutlich von mehreren Döschen Red Bull beflügelt – in die Pedale des Steppers trat, war schlecht zu verstehen:
„Einfachnbissjenschnellertretnisjasporthier!“
So ungefähr hörte sich das Buchstabenallerlei an – auf alle Fälle quietschte das Ding unter Ollis Stakkatoschritt nicht mehr. Ich meine allerdings ein Glühen im Tretlagerbereich erkannt zu haben.
Olli Abmarsch, grinsend, Mädchen begeistert, traten nun schneller. Es quietschte.
Ich kurbelte indessen weiter und legte von einer Laune getrieben mal eben 20 Watt zu, Puls stieg leicht, ich schwitzte wie Sau. Der Höllenhund rannte immer noch auf seinem Laufband, war keinen Meter vorangekommen.
Werde weiter berichten. Und recherchieren: Wo ist Barbara?
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*** Bisher zum Thema Muckibude hier erschienen:
Teil 1: Die Muckibude, Barbara und ich: Das Einführungsgespräch. Also, wie es begann
Teil 2: Die Muckibude, Barbara und ich: Über spinnerte Waagen und das völlig überbewertete Körperfett
Teil 3: Die Muckibude, Barbara und ich: Die Muskulatur feiert ihre Auferstehung
Teil 4: Barbara sagt: Ich lese mit!