Das Aachen-Blog

Autor: buettgens (Seite 50 von 77)

WM-Kolumne: Therapeutisches Schreiben

Die WM wirft ihre Schatten voraus: Der jelbe Schein liegt bereits fertig ausgefüllt auf der Kommode im Flur, muss nur noch in der Firma abgegeben werden: Vier’nhalb Wochen Pause wegen akuter Leistungszerrung und wirklich massiver Fieberschübe. Oes noch! Wir sehen uns Mitte Juli wieder, wa Chef!

Das wird ein Stress, das geregelte Leben macht Pause, man kommt zu nichts mehr. Von daher, Chef, sei mir nicht böse, wenn ich danach aussehe, wie die bestfrisierten Männer der WM-Endrunde:

frisuren
Ene Verein schönn Köpp: Gervinho (Elfenbeinküste), Nicolas N’Koulou (Kamerun), Martin Demichelis (Argentinien), Carles Puyol (Ihr-werdet-nie-Weltmeister-Spanien, von links)

Ehrlich, ich freu mich drauf: Herrlich, Fläschchen Bier, Tütchen Chips; als Ökovariante ne Bionade und lecker Jemüse zum Dippen in Bärlauchnussquark… Mein Nachbar von gegenüber wird grillen, was nicht schnell genug vom Rost runter ist. Und dann: Alle Mann ab vorm Fernseher!

Oes noch, dat weäd schönn!

Gestatten Sie mir noch ein persönliches Wort: Ich merke, wie mir diese sympathische junge Mannschaft, der ich noch vor Wochenfrist bescheinigt hatte, dass es auch nicht schlimm sein würde, wenn Sie den Airbus verpassen täte, wie mir diese Mannschaft ans Herz wächst. Und vor allem bin ich ein großer Schweinsteiger-Fan. Erwähnte ich das schon mal? Und dass Deutschland ’ne Turniermannschaft ist!?

*** Also: 7uhr15 goes overgoing (südafr. für vorübergehend) WM-Kanal. Kann sowieso nicht mehr an viel anderes denken. Da bietet es sich förmlich an, auch darüber zu schreiben. Therapeutisches Schreiben, nennt man das.

Noch dreimal schlafen!!!

„Oes noch!“ – die WM-Kolumne

Oes noch! Nein, das ist kein südafrikanischer Begriff für Zapperlot oder Saukäs. „Oes noch!“ ist ein Ton, der tief aus dem Herzen eines Öchers kommt.

So wie der Südafrikaner sein Nationalteam aus inniger Ergriffenheit lautmalerisch liebevoll „Bafana Bafana“ ruft, so entspringt ein gesalzenes „Oes noch!“ dem Inneren des Öcher Fußballers, quasi als „Bäuerchen“ der Seele, wenn ihm ein anderer Öcher Fußballer in die Knochen grätscht. „Oes noch, has‘ du ene Eck aav?!“ Also so zum Beispiel:

Oes

„Oes noch!“ verstärkt aber auch durchaus eine Aussage, die (Vor-)Freude verheißt. Aussagen wie diese: „Oes noch, wat freu‘ ich mich op Südafrika!“ Was nicht heißt, dass der Öcher sich jetzt auf den Weg nach Johannesburg, Durban oder Bloemfontein machen würde. Nein, die Freude auf Südafrika ist die Vorfreude auf 64 packende Fußballspiele vor dem Fernseher und vor allem auf die ganze Fachsimpelei davor und danach.

Oes noch! Auf alle Fälle werde ich mir gestatten, die Berichterstattung auf 7uhr15.ac nun zu größeren Teilen meiner Neigung anzupassen. Ich werde mich also in den kommenden Wochen dem Mainstream folgend überwiegend – präziser: voll und ganz – der Fußball-Weltmeisterschaft widmen. Sollte Ihnen das nicht passen, können Sie mir gerne einen Kommentar reinwürgen. Es wird mich allerdings nicht von meinem Entschluss abhalten.

Zur Einstimmung singen wir jetzt ein Lied zusammen, habe ich mir so ausgedacht. Ein Lied von der innigen Verbundenheit, wie es nur kernige Fußballfans singen. Einige Fans von den Tottenham Hotspurs erklärten so in der Puma-Hardchorus-Serie zum diesjährigen Valentinstag ihrer Liebsten, was im Leben Leidenschaft heißt (Truly, madly, deeply/Savage Garden).

In diesem Sinne: Noch viermal schlafen!

Oes noch, ich freu mich! Sie, du, er, sie, es, ihr auch?

Absolut sehenswert: Höhner Rockin‘ Roncalli Show auf dem Bend

Dieses Vergnügen für die Sinne kann man ruhigen Gewissens empfehlen: die aktuelle Version der Höhner Rockin‘ Roncalli Circus-Show namens „Salto Globale“.

Spitzenartistik und -akrobatik, viel Humor und Witz, sehr charmante Nummern und gut aufgelegte kölsche Hühner in einem Programm, das gekonnt mit den vier Elementen spielt und in dem man nicht von der Botschaft genervt wird, dass die Welt erhaltens- und schützenswert ist. Weil diese Botschaft hier sehr dosiert verabreicht und in prächtige eindrucksvolle Bilder und Klänge gehüllt wird.

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Meine absolute Lieblingsnummer dieses Abends neben dem unfassbar komischen Clown Jigalov hat AZ-Fotograf Andreas Steindl im Bild festgehalten: Mädir Eugster zeigt fantastische Objekte, die in genialer Einfachheit die Symbolik des Gleichgewichts darstellen. Bei seiner Sanddornbalance legt der Künstler 13 Palmäste zu einer schwebend leichten Skulptur zusammen. Es treffen sich Circuspoesie und Tempeltanz. Faszinierend!

Bei der Premiere am Samstagabend im weiten Circus-Rund auf dem Aachener Bendplatz nur strahlende Gesichter, am Ende tosender, nicht endenwollender Applaus und stehende Ovationen.

*** Infos, Texte, Bilder: www.az-web.de und am Montag in der Druckausgabe. Die Aachener Zeitung präsentiert dieses erstklassige Circus-Vergnügen.

Perfekte Symbiose aus Musik und Artistik (Premierenkritik az-web.de)

„Mistschonwidderdoppelt“

Ich kann nicht behaupten, dass mich die seit Wochen beharrlich wachsende Menge der doppelten Panini-WM-Bilder geschockt hat. Nein. Das ist eben so. Irgendwann kippt das Verhältnis von „Bohsuperhamwirnochnich“ zu „Mistschonwidderdoppelt“ dramatisch.

Nein, geschockt hat mich, dass die Ordnung, die ich in diesen Berg von doppelten Ooijers, Pecniks, Amoahs und Holoskos gebracht hatte, mit einem Handstreich verloren gegangen war. Stunden hatte ich am Küchentisch im kalten Scheine einer 12-Watt-Sparlampe gesessen und sortiert. Ich hatte kein Bild von vorne gesehen, aber ich kannte sie alle von hinten: 374, 379, 383, stopp, 382, so jetzt 383 und so weiter.

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Und ich hatte unserem Sohn noch am Morgen, als die Arbeit ihr lautes „Komm, komm, komm“ rief und ich wie immer mich anschickte, das Haus mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen zu verlassen, gesagt: Bleib mit den Fingern davon, das war viel Arbeit für den Papa!

Okay, abends: alles durcheinander. „Einfach hingefallen“, „plötzlich Sturm im Kinderzimmer“, „die blöde Schwester“, „keine Ahnung“ – es gab viele Erklärungsversuche.
Geschenkt. Gestern Abend saß ich wieder am Küchentisch. Sparlampe an, womm, Bilder sortiert, yes!

Um mich zu erlösen vom Joch der Panini-Sammelbildersammelei könnten Sie, liebe paninibildersammelnde Leserinnen und Leser mir einen Gefallen tun. Uns fehlen noch folgende Nummern: 19, 45, 67, 98, 108 (nicht 109, das ist Martin Demichelis, der sein Haar offen trägt), 141, 194, 241, 272 (Özil!), 309, 340, 390 (Yoshito Okubo von Vissel Kobe), 428, 456, 479, 536 (Guy Demel vom künftigen Weltmeister Elfenbeinküste), 564 und 613. Sie erreichen mich immer, ich betone: immer, unter b.buettgens@zeitungsverlag-aachen.de

Denn erst wenn das Album voll ist, der Stapel der Doppelten egal und endlich wieder entscheidend ist, was auf’m Platz passiert, erst dann bin ich ein glücklicher Mann. Denn dann ist WM!

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*** Dieser Text ist aus der zwölfseitigen WM-Beilage, die am heutigen Tag (Samstag, 5. Juni) der Aachener Zeitung und den Aachener Nachrichten beiliegt. Viele schöne Geschichten, eine Menge Information, Spielplan, Schweinsteiger-Porträt, Mandelas Weg, das gesamte deutsche Team. Lohnt sich!

Respekt, Erik Meijer!

Ja, der Erik Meijer ist ein Siegertyp. Wer noch einen letzten Beweis brauchte, konnte sich davon am Mittwochabend im Fernsehen überzeugen. In Kerners TV-Show Deutschland gegen Holland trat der Sportchef der Alemannia im Oranje-Team an – und holte den entscheidenden Punkt!

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Erik Meijer. Foto: Alemannia-Homepage

Wie weit ist es von Haarlem nach Chemnitz? Erik sagte 800 Kilometer, Til Schweiger, der für Deutschland antrat und zuvor Meijer beim Elfmeterschießen (da sah der Erik dann eher nicht so gut aus!) bezwungen hatte, mickerte mit 400 Kilometern herum. 699 – das war die richtige Antwort, der Meijer nun deutlich näher war.

Spiel, Satz und Sieg für Holland in einem wirklich unterhaltsamen TV-Spaß, der von der Spielidee doch stark an „Schlag den Raab“ erinnerte.

Warum steht das nun hier? Nun, weil Erik Meijer eben besagter Winnertyp ist. Und weil wir uns deshalb schon alle auf die neue Alemannia-Saison freuen. Sprach ich schon von der verlängerten Dauerkarte???

Podcast: Hi, ha, ho – Holland ist k.o.!

Das waren goldene Zeiten, als die Fangesänge noch Niveau hatten, als sie sowohl textlich wie auch musikalisch ebenso jugendfrei wie beschwingt daherkamen.

„Hi, ha, ho – Holland ist k.o!“ Und eine ganze Nation lag sich in den Armen. 1974! Damals sang übrigens Freddy Quinn vor dem WM-Finale „Das große Spiel wird gleich beginnen“. Ein Juwel der deutschen Musikunterhaltung.

Es gibt schöne Geschichten über Fangesänge und singende Fußballspieler. Stimmt, es ist auch schön, dass heute Nationalkicker nicht mehr singen…

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Einige alte Lieder werden hier nun – quasi in archivalischer Mission – vom „Magischen Zweieck“ vertont. Das Magische Zweieck, das brettharte, den verbalen Doppelpass beherrschende Duo, das in der Spielzeitpause der Alemannia auch einmal die kreativen Perlen aufliest, die rechts und links vom steinigen und harten Weg des Zweitliga-Alltags liegen.

*** HIER WIRD GESUNGEN:

:DD Fangesänge, wie wir sie gerne hören. Deutschland vor, noch ein Tor! Oder so.

Eins noch, ein Lieblingsschlachtruf, der seinen Zauber bis heute nicht verloren hat: „Oh, mir tun die Augen weh, wenn ich Mönchengladbach seh!“

Haben wir das eigentlich schon mal erzählt, dass wir Borussia Mönchengladbach eher nicht mögen???

DAS DA Theater zeigt den Schauspieler Jens Eisenbeiser, wie er wirklich ist

Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich Jens Eisenbeiser für einen der besten Schauspieler unseres Städtchens halte. Und wenn ich nun heute auf die neu gestaltete, gut aufgeräumte Homepage des DAS DA Theaters schaue und dieses Bild…

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…sehe, dann fühle ich mich in dieser These bestätigt.

Jens, alter Junge, Du siehst großartig aus! Ich kann mich noch gut an Deinen Bambi in „Linie 1“ erinnern. Damals sahst Du an manchem Abend deutlich älter aus, und die Ringe unter den Augen waren vielleicht sogar noch etwas dunkler…

*** Wie gesagt, die neue Homepage ist da, die Stücke für die Spielzeit 2010/11 sind klar. Und nicht nur Jens Eisenbeiser ist im DAS DA Theater sehenswert.

Da kann ich nur sagen: Ich freu mich drauf!

Und ewig lockt mich die Fritte nach Köpfchen…

Es gibt Orte in dieser Stadt, die ewig mit einem Bild, einem Geruch, einer Farbe, einer Lieblingsspeise, einem Gefühl besetzt sein werden.

Ich habe zum Beispiel immer dann, wenn ich an duftenden Hagebuttenbüschen vorbeigehe, sofort das Bild meines Kindergartens in Rothe Erde vor Augen. Davor stand exakt ein solcher Busch. Das ist eine schöne Kindheitserinnerung. Rothe Erde, St. Barbara, die Rhenania, der Pastor von den Driesch, Kattwinkel auf der Ecke…

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Fritten. Kindheitserinnerungen. Warm ums Herz.

So kommt mir auch immer, wenn ich die Eupener Straße stadtauswärts fahre, um mich dem Königreich Belgien zu nähern, quasi oben am Kopf, genauer auf Köpfchen, die gute Frau Pantels in den Sinn. Eine großartige Gastgeberin, eine exzellente Köchin, und sie sah aus, wie man Köchinnen in Bilderbüchern für Kinder malt.

Sie betrieb in feinster Manier in den 70er Jahren das Gasthaus, das Restaurant Köpfchen, und dort wurde mein unerschütterlicher Glauben in die heilende und beruhigende Wirkung einer ordentlichen Portion Pommes Frites mit Bockwurst begründet. Schmeckt immer, passt immer, jeht immer.

Frau Pantels freute sich damals über den „kleinen Berni“ mit seinem vorzeigbaren Appetit und machte dem Jung aber ein so was von feines Tellerchen „Fritten mi‘ Wurs‘ un‘ e Schläjelschen Majenäse“, dass jahrzehntelang keiner diesen Dienst am hungernden Menschen besser tun konnte.

Köpfchen – das ist ein solcher Ort, da klingelt es sofort: Fritten!

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Das Café de Frites – auch das Ambiente ist extra!

Wie schön war da die Mittagspause mit meinem lieben Kollegen Wolfgang Plitzner. Köpfchen, ein paar Meter hinter Frau Pantels ehemaliger Residenz, auf belgischem Grund: das „Café de Frites“, das Maurice Dahm dort seit einiger Zeit betreibt. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich zwar schon viel von der „edelsten Frittenbude“ der Stadt gehört hatte, bislang aber noch nie da war.

Diese Unterlassungssünde ist seit gestern erledigt. Ich war da, ich aß da, und ich jeh da wieder hin.

Das Konzept überzeugt. Es ist hochgradig ambitioniert. Alleine die Speisekarte ist schon so außergewöhnlich und vielversprechend (Gourmet Teller: kleine Fritte, serviert in der Tüte, Tüffelmayonnaise, Kaviarmayonnaise und Hummermayonnaise, dazu 3 gebratene Gambas und ein Glas Cremant – Beispiel jetzt!), dass man als frittenseliger und frittenkundiger Kunde auf die Einlösung des darin gegebenen Versprechens gespannt ist.

Zum Test wählte ich der Vergleichbarkeit halber den Klassiker: eine Currywurst mit Fritten. Alle Bonheur! Da stimmte alles, vollendet bis zum letzten Röstzwiebelchen. Kollege Plitzner hatte die Abteilung für die großen Jungs gewählt. Ein Schnitzel Onion, so viel Öllesch, so feines Fleisch! Der glücklich grinsende Mann mir gegenüber sprach von einem vorzüglichen Späßchen.

Also, Kompliment, Herr Dahm! Die Preise sind zwar durchaus gehoben, die Qualität hält aber locker mit – und das Ambiente, sowohl drinnen wie draußen (wir saßen im Hof mit Blick auf den Öcher Bösch): top!

Ach ja, es gibt diese Momente, die Erinnerungen wecken. Schön, dass Köpfchen hält, was es mir schon so ewig verspricht: Der Ort für feinste Fritten zu sein!