Dieses Bild fiel mir dieser Tage noch mal auf dem Handy in die Hände. Das kleine Rathaus und das große Rathaus. Groß und klein, „dr Vadder än singe Klenge“, schoss es mir durch den Sinn, und sofort erinnerte ich mich an eine Geschichte, die mein Opa immer erzählte und von der ich immer noch glauben möchte, dass sie sich so zugetragen hat.
Sie spielt in Rothe Erde in lange zurückliegenden Tagen, und zwar in der dortigen Pfarrkirche St. Barbara. Und sie berichtet von einem Mann, einem Original, den mein Opa immer Klöss nannte, und der wohl seinen Job im Hüttenwerk verloren hatte. Als Klöss den Pastor beim Bierchen traf und dem frommen Mann von seinem Schicksal erzählte, gab der ihm den Rat, in der Kirche den Heiligen Antonius anzubeten. Christjläubije Leser wissen: Antonius hilft, Verlorenes wiederzufinden.
Klöss hielt nicht viel von derlei Ratschlägen, hatte aber Zeit, ging also in die Kirche, stellte sich vor die Antoniusfigur unter der Orgel, richtete sich auf, holte sein Sonntagsdeutsch heraus und sagte: „Juten Morjen, hellije Antonius, kannste mich neu Werk besorjen?!“ Er tat das ein wenig schroff, überlegte kurz und schob ein höfliches „Jefälligs“ hinterher, was dem hochdeutschen „Bitte“ je nach Betonung nahe kommt.
Der Küster, der diesen Auftritt unbemerkt mitbekommen hatte, war auch eine Woche später wieder da, als Klöss – etwas energischer – zurückkehrte. „Hür, Antonius! Wie is dat mit meine neue Stelle?“ Es sprach eine gewisse Ungeduld aus seinen Worten.
Mein Opa ließ dann den Küster einen dritten Besuch von Klöss belauschen, und diesmal soll es dann rustikal zur Sache gegangen sein, diesmal auch eher noch hochdeutscher: „Pass op, Tüen, wenn Du mich bis nächste Woche Mi’woch kein Werk jesucht has‘, hau‘ ich Dich von deä Sockel!“
Als der Küster dem Pastor die Geschichte erzählt hatte, kam der auf eine glorreiche Idee. In Sorge um die große und wertvolle Statue fiel ihm ein, dass in der Sakristei noch eine kleine Antonius-Figur stand. Die stellte der Küster nun an besagtem Mittwochmorgen auf, versteckte sich und wartete auf Klöss.
Der tatsächlich wutschnaubend anrollte, sich vor dem kleinen Antonius aufbaute und sagte: „Wo is‘ deine Vater?“ Worauf der Küster aus dem Versteck rief: „Dich Arbeit suchen!“ Klöss soll das beruhigt haben. Zumindest für eine Woche…
Hanne sagt:
Ömmer wier nett, sonn Ameröllchere ze leäse. Merci völmols!
1. Oktober 2014 — 17:11