Jetzt ist es passiert. Ich habs gewusst, dass dieser Tag kommen wird. Okay, man muss auch verlieren können.
Eben im iTunes-Store, den ich mit meiner Tochter sie ist 11 alle paar Wochen mal durchstöbere, machte ich die Entdeckung: Von den Top Ten in den Single-Charts kenne ich nur zwei Songs! Und auch nur zwei Interpreten.
Erstens ist Lena Meyer-Landrut (Foto, Link zum Video) dabei, die als Unser Star für Oslo 2010 den Song Satellite zum Besten gibt, den ich seltsam finde. Was für Lena aber kein schlechtes Omen für den Jrong Prih sein muss. Bislang lag ich mit meinem Geschmack da immer schief.
Und zweitens ist das – eigentlich noch tragischer – ein remastertes Stück Vergangenheit, das ich eigentlich auch nicht mehr brauche: Led Zeppelin und Stairway to heaven. 8:02 Minuten ja, damals kriegte man noch was fürs Geld.
Beim Rest der Top Ten: Fehlanzeige. Aber was will man auch von einem erwarten, der Öcher Lieder wie eine Swing-Version von :DD Vür sönd allemoele Öcher Jonge oder ein gefühlvolles :DD Et tröckt mich noh heäm mit seinen Freunden aufnimmt und ins Internet stellt? Und das nicht ohne Stolz!
Überhaupt nicht mehr auf dem Laufenden bist du, hat meine Tochter gesagt. Dabei hatte ich mir doch damals, als meine Mutter Rod Stewart, Phil Collins, Supertramp, Udo Lindenberg und Stefan Waggershausen blöd fand, geschworen, so nie zu werden. Also, dass ich die Charts nicht mehr drauf habe. So.
Aber mal ehrlich: Knaan, Adam Lambert, Stromae, Train, Unheilig, B.o.B, Cheryl Cole oder David Guetta sorry, wer ist das? Und: Können die was? Können doch nix können.
Als ich nun meine Witzchen machte über Jason Derülo (komischer Name oder?) und über Ke$ha, die den Kindern ihr gespartes Sonntagsgeld mit gehaltvollen Songs wie Tik Tok und Blah Blah Blah aus der Tasche zieht, meinte meine Tochter trocken, dass ich voll uncool sei. Rumms.
Ich wollte postwendend cool sein, weil mir der Name Mehrzad Marashi, der ein Stück namens Dont Believe auf Platz 2 geschnulzt hat, dann doch irgendwas sagt, bitte, sag nix! Ich überlegte, doch es fiel mir nicht ein. Warte, Mehrzad Marashi, Mehrzad… In dem Moment kam unser Sechsjähriger rein und sagte: Der hat DSDS gewonnen, Papa.
Hilfe, ich werde alt.
die Kleine sagt:
Ja, das Problem taucht wohl in jeder Generation von Neuem auf. (http://tinyurl.com/37m7khk)
Mit Recht, muss ich allerdings sagen. Ich persönlich fände es mehr als komisch, wenn meine Eltern meinen Musikgeschmack teilen würden und wüssten, wer Milow, Clueso oder Placebo sind. Wenn ich mir vorstelle, dass beim Geburtstagskaffee plötzlich David Guetta aus der Anlage tönen würde – nein, das passt einfach nicht.
Viel erfreulicher ist es doch da, wenn man als Jungspund (zu denen zähl ich mich mit meinen 23 Jahren einfach mal) trotzdem ganz selbstverständlich „die alten Kamellen“ auspacken und bis zur Unendlichkeit anhören und gutfinden kann, ohne dass es in irgendwie komisch ist…
Also, solange man nicht alles Neue als schlecht befindet, ist man weder automatisch alt noch uncool ;o)
Schöne Grüße aus dem sonnigen München
Nina
27. April 2010 — 17:10
Marco vom Grünen Weg sagt:
Lieber Bernd,
ich werde ja auch langsam alt und muss mich trotzdem (manchmal auch leider) beruflich mit dem aktuellen Kram beschäftigen. Mein Fazit: Heute ist nicht alles schlecht und früher war nicht alles gut. Es gibt gerade momentan im rockigeren Bereich sehr gute Bands, die alles andere als persönlichkeitsfrei und charakterarm sind. Ich kann Dir da gerne mal ein „Tape“ zusammenstellen.
Das mit Led Zeppelin ist auch leicht zu erklären: In weiten Teilen der Internetgemeinde sind „Stars“ wie Mehrzad und Co. nicht sehr beliebt. Daher tat man sich zusammen und versuchte, durch einheitliches Herunterladen der Single „Stairways To Haven“ den DSDS-Star von der Spitze der Charts fernzuhalten. Das ist leider nicht geglückt, da in anderen Foren der Kauf von Blümchens 90er „Hit“ „Boomerang“ empfohlen wurde. In England hat das im Dezember 2009 deutlich besser geklappt. Dort war an Heiligabend nicht wie in den Jahren zuvor der Gewinner der X-Factor-Staffel an Nr.1, sondern Rage Against The Machine mit „Killing In the Name“ aus dem Jahr 1992.
Und hier noch was zu „früher war alles besser“:
Heute vor 30 Jahren war der zu Recht vergessene Song „Sun of Jamaica“ der Goombay Dance Band auf Nr. 1. Wenige Wochen später standen dort „Der Nippel“ von Mike Krüger und „Santa Maria“ von Roland Kaiser. 1990 war Matthias Reim mit „Verdampt ich lieb Dich“ 15 Wochen auf dem Spitzenplatz der Deutschen Charts. Und in der Woche, in der die Beatles Ihre Auflösung bekanntgaben, hörten die Deutschen anscheinend am liebsten Roy Black mit „Dein schönstes Geschenk“. Da hätte ich mich aber auch aufgelöst.
Im Jahr Deiner Geburt waren die FabFour nie in Deutschland auf Platz 1, dafür aber Ronny mit „Kleine Annabell“…
Und zuletzt noch ein Anspieltipp:
http://www.youtube.com/watch?v=LfyChdikLo4
Gerade die zweite Hälfte des Auftritts ist sehr beeindruckend.
Viele Grüße von der Musikfront,
Marco
P.S.: Aber natürlich empfehle ich auch jedem die Swingversion unserer Aachener Nationalhymne: http://buettgens.podspot.de/post/ocher-musik-vur-sond-allemoele-ocher-jonge/
27. April 2010 — 10:56
uwe Brandt sagt:
DANKE MARCO!!!!
you made my day!
großartig!
uwe
27. April 2010 — 21:42
Stefan Hansen sagt:
Lecke Täsch, Marie, da haste dr Strunks! Tja, lieber Bernd, wir werden wirklich alt. Mir sagen die persönlichkeitsfreien und charakterarmen Marionetten der Massenunterhaltungsindustrie auch nichts, müssen sie auch nicht. Man kann Kids allerdings schon auch für gehaltvolle Dinge begeistern. Fellix, gerade 7, trommelt am liebsten zu Lenny Kravitz, Nils Landgreen und Peppers, da schlägt Papa´s etwas höher Herz höher. Vielleicht ist es auch unser Job, nicht peinlich zuzugeben, was wir nicht kennen, sondern die Kids für das zu begeistern, was wir cool finden und vor allem warum 😉
27. April 2010 — 6:32